Doping und Radsport - unsere Stellungnahme zur aktuellen Dopingdiskussion
Mit ungläubigem Erstaunen haben wir die Ereignisse im Profiradrennsport der letzten 2 Monate wahrgenommen. Mit Entsetzen verfolgen wir die momentanen Vorfälle hinsichtlich des Themas Doping bei der aktuellen Tour de France. Durch die Stellungnahme von Oliver Corpus in der SZ ist die Dopingproblematik auch in den saarländischen Amateurbereich hinein getragen worden.
Die aktuelle Situation beinhaltet die Gefahr einer umfassenden Diskreditierung des gesamten Radrennsportes. Hierdurch werden wir als radsporttreibenden Verein, insbesondere auch in unserer Tätigkeit und unserem Engagement im Jugendbereich massiv getroffen. Von daher halten wir es für erforderlich, vehement zum Ausdruck zu bringen, dass wir Radsport nur als sauberen und fairen Sport praktizieren - in der Vergangenheit, wie in der Zukunft. In diesem Sinne entspricht das Motto „ganze Kerle dopen nicht“ in vollstem Sinne unserem Selbstverständnis.
In unserer alltäglichen Arbeit und in unserem Umgang mit unseren (meist jugendlichen) Sportlern ist Leistung und Erfolg für uns wichtig, aber nicht das Einzige, und nicht das Wichtigste.
Genauso wichtig wie Leistung ist Engagement, Begeisterung und Lebensfreude. Radsport ist letztlich ein Mannschaftssport, Kollegialität ist letztlich wichtiger wie das egozentrische Verfolgen individueller Interessen. Wenn ein spurtschwacher Fahrer bei einem Etappenrennen einen anderen spurtstarken Fahrer der verbandsinternen Mannschaft im Endspurt in eine aussichtsreiche Position fährt und dieser dann mit einem tollen Finish sich hierfür „revanchiert“, dann hat sich unsere alltägliche Vereins- und Verbandstätigkeit gelohnt. Weniger wegen des erreichten Erfolges, sondern vielmehr für das, was im Hintergrund viel bedeutsamer war und ist. Von derartigen „stillen“ Freuden hier zu berichten, schmälert diese ein wenig. Undifferenziert davon auszugehen, dass „alle Radsportler dopen“ oder „dass flächendeckend im Radsport gedopt wird“, schmerzt uns demgegenüber so sehr, dass wir zu derartigen Vorstellungen nicht schweigen können.
Parallel, auch ausgelöst durch die aktuellen Dopingvorfälle, glauben viele, dass die von Radsportlern gezeigten sportlichen Leistungen ohne Doping nicht zu erreichen sind. Für den Laien ist es schwer vorstellbar, dass ein mittelmäßig begabter Radrennfahrer eine mehrere Kilometer lange 7%ige Steigung mit einem Tempo von 25km/h hinauf fährt. Der Trainer eines Radvereins, der die Entwicklung eines Radrennfahrers aus der Schülerklasse bis hin zum A-Amateurfahrer verfolgt, wird hierüber nicht erstaunt sein, am ehesten erfreut und innerlich zufrieden über die Gesamtentwicklung seines Schützlings. Dass unser Fahrer Pascal Ruffing beim GP General Patton sich im vorderen Feld der europäischen Spitze platzieren konnte, ist für uns weniger Bestätigung, sondern vielmehr Genugtuung dafür, dass man ohne Dopingmittel vorne mitfahren kann (nach der 2. Etappe musste er übrigens zur Dopingkontrolle, die Urinproben wurden mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in den Gulli geschüttet).
Ich bin selbst 8 Jahre in der AB-Klasse gefahren, d.h. im Spitzenbereich des Amateur-Radrennsportes. Gleichwohl waren Fahrer wie Udo Bölts, Rolf Aldag oder Rolf Gölz eine Klasse besser wie ich. Die Geständnisse von Udo Bölts und Rolf Aldag, dass sie in ihrer Profikarriere gedopt waren, ändern an diesem Sachverhalt überhaupt nichts. Die Aussage, dass im Radrennsport mehr oder weniger flächendeckend gedopt wird, kann hier auch von der nicht unbedingt angenehmen inneren Tätigkeit der Akzeptanz von eigenen (sportlichen) Möglichkeiten und Grenzen wegführen oder ablenken.
Ich habe nicht das Gefühl, dass ich sportlich gescheitert bin. Im Nachhinein war es für mich wichtiger,junge Fahrer in unserem Verein darin zu begleiten, ihre Begeisterung für den Radsport zu entwickeln. Wenn ich sie heute beim Training begleite und an ihrer Freude und ihrer Vitalität teilnehmen darf, erfüllt mich das mit großer innerer Zufriedenheit. Dies ist ein Teil dessen, was unsere Tätigkeit in unseren Vereinen ausmacht. Hierüber liest man nichts in den Zeitungen – die Privatheit derartiger Erfahrungen und Erlebnisse erschwert einen derartigen publizistischen Zugang. Was man liest, sind – im günstigsten Fall - Berichte über Erfolge von Radsportlern, oder über Doping - im ungünstigen Fall.
Es existiert nicht nur das, worüber öffentlich berichtet wird. In unseren Vereinen existiert mehr wie Doping und blinde Erfolgs-Orientierung. Gerade weil Doping das zerstört, woran letztlich unser Herz hängt, treten wir für einen sauberen Sport ein. Hierzu gibt es keine Alternative
Norbert Ruffing